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Freitag, 14. Juli 2017

Herr Zimmermann kommt ins Schwitzen

Wenn man Freunde hat, bringt das mancherlei Vorteile mit sich. Einer dieser Vorteile (also: nicht zwingend jetzt, aber so ab und zu dann doch) ist, dass man unerwartet und anlassfrei was geschenkt bekommt. Freikarten für den örtlichen Wellnesstempel zum Beispiel.

Das Leben wäre aber kein Arschloch, hätte besagter Freund nicht gleich noch eine Bedingung an sein selbstloses Geschenk geknüpft: es sei nämlich Rapport abzulegen über die Nutzung seiner selbstlosen Gabe. Und zwar öffentlich, in Form eines Blogposts. Na klasse. Ich hab' ja sonst nix zu tun.

Jedenfalls: eines schönen Tages schaffen es Frau Laterne und ich dann trotz mehrlagig gestapelter Termine doch. Wir sitzen im Verkehrsmittel unserer Wahl und reisen gen Saunalandschaft. Ich befinde mich in freudiger Erregung, schließlich habe ich mir bis zum Erhalt dieses Geschenks den Besuch von Saunalandschaften schlicht geschenkt. Und bin jetzt dementsprechend gespannt, wie entspannt ich wohl werde sein können.

[Die bisherige Erfahrung mit mir in Gegenwart einer weitgehend unbekleideten Frau Laterne: Entspannung geht ja mal GAR NICHT. Besonders nicht in Körpermitte. Warum auch immer ... ^^]

Wir betreten frohgemuts den Wellnesstempel. Dieser befindet sich gut getarnt hinter einer Bezahlschranke, der ein öffentlichebäderüblicher Umkleidebereich nachgeschaltet ist, dem ein Frei- und Hallenbad nachgeschaltet ist, dem wiederum ein Erlebnisbad nachgeschaltet ist. Nach mehrstündiger Wanderung - zum Glück führen wir etwas Verpflegung mit - ist schließlich die Milchglastür der heiligen Wellness-Hallen erreicht, und nach deren Durchschreiten weist ein Schild darauf hin, man befinde sich jetzt im FKK-Bereich und möge alle Hüllen fallen lassen. Aha. Deshalb also drapieren sich die meisten hier ein Handtuch um den Körper, das verdeckt was sonst die Badekleidung verbirgt. FKK hatte ich jetzt auch irgendwie anders in Erinnerung, so mit mehr netto als brutto. Aber was weiß ich denn schon ...

Die Duschen sind nach den zwei gängigsten Geschlechtern getrennt (was ich stets als schlechten Witz empfinde - wenn eh alle nackt sind und jeder jedem zu jeder Zeit aufs Allerheiligste blicken kann, dann könnte eigentlich auch ein Strauß Regenbrausen in Raummitte von der Decke hängen. Je nun ...)
Nach erfolgter Grundreinigung geht es jedenfalls in medias res. Beziehungsweise genauer gesagt: in gemäßigte Zonen. Darunter wird wellnesstempelseitig eine Raumtemperatur verstanden, von der jede Salzwüste nur träumen kann. Und damit die Illusion auch perfekt ist, besteht der Bodenbelag ebenfalls aus Salz, allerdings ohne irgendwelches weiteres salzwüstenübliches Gezeuch (was auch immer das sein könnte. Auch mit Flora und Fauna von Salzwüsten kenne ich mich eher wenig aus).

Salzsauna samt zugehörigem Ruheraum waren jedenfalls fein fürs Aufwärmen und die Bronchien. Die Nebenhöhlen hingegen ließen sich besser im Solebecken spülen. Auch wenn die Temperaturangabe (knapp körperwarm - also: Kerntemperatur) etwas optimistisch gewesen sein dürfte. Frau Laterne lässt sich entspannt treiben, die anwesenden Herren machen unisono ihr "Ich summe 'Eine Insel mit zwei Bergen' und denk dabei an was Schönes"-Gesicht und ich improvisiere, unbemerkt unter der entspannt dahintreibenden Frau Laterne durchtauchend, eine Sprudeldüse, was, in Verbindung mit dem Überraschungseffekt, zu Frau Laternes spontaner Selbstversenkung führt.

Apropos Sprudeldüsen: die machen dann auch das Wasser schön undurchsichtig, was von Nutzen ist, denn: Erregung öffentlichen Ärgernisses führt zu Platzverweis. Wollten wir aber nicht - wir wollten ja entspannen, und gerne auch mal kurz von Hand wenn es anders nicht geht. Dumm daran: gerade dann wenn der Zimmermannshammer so richtig gut in Frau Laternes Hand liegt, gehen die Düsen aus. Immer. Man wechselt also frustriert zu oralen Genüssen, vulgo: Bistro.

Kurz 'n Käffchen und watt Wasser: trotz erheblicher Bestandsminderung im Portemonnaie wird man nicht Immobilienbesitzer. Egal - weitermachen. Für die Wissenschaft. Und auf vielfachen Wunsch eines einzelnen Herrn.

Nächster Halt: das Dampfbad. Frau Laterne, alter Wellnessprofi der sie nunmal ist, spritzt die Sitzbank ab, ich setze mich schwungvoll hin und nur einen Sekundenbruchteil später bin ich definitiv zeugungsunfähig und werde es auch für den Rest meines Chronistenlebens bleiben: die Bänke sind dann doch etwas ... äh: warm.

[Sie kennen das sicher alle: hinterher hat man sowas ja meist schon vorher gewusst.]

Kurz darauf wird es kuschlig im Dampfbad; im Zehnsekundentakt betreten ausgeruhte Mitschwitzer den Raum. Warum denn das? Ach so: Wellness. In diesem Falle in Form von Honig, den es auf der Haut zu verreiben gilt, im unserem Falle gern auch gegenseitig (Rücken, verlängerter Rücken, in einem unbeobachteten Moment [wir erinnern uns: der Dampf!] auch mal die vordere Verlängerung des verlängerten Rückens). Ich wundere mich zwar ein wenig, was der Unsinn soll, mache aber brav mit und erfreue mich den Rest des Tages an äußerst weicher und wohlriechender Haut, eigener wie angelachter. Das Dampfbad wird schließlich unter Schmerzen verlassen [Pro-Tipp: an der Tür das Atmen einstellen. Es sei denn, Sie sind ein feuerspeiender Irgendwas oder so und deshalb stark erhitzte Atemwege gewohnt.]

Das Abklingbecken wurde mir bereits ganz zu Anfang als Eiswasser vorgestellt, und da ich zwar nicht ängstlich bin, aber einen starken Überlebenswillen besitze (im Eiswasser wohnen bekanntlich Eisbären), fällt die Entscheidung zugunsten einer kühlen Dusche. Passt prima, da dort offensichtlich vor allen Dingen kühle Frau Laternes wohnen, was mir die Sache nicht unangenehmer macht. Danach raus ins Freigelände auf eine der Liegen, Päuschen machen, was essen und so.

Genug pausiert, meinen wir irgendwann. Also das Geschirr hinfort teleportiert und sich den Freuden der Landwirtschaft gewidmet - Stichwort: Weinreben-Sauna. Hier gilt: nomen es omen. Man sieht, aus der Sauna heraus, Weinreben. In der Sauna sieht man: an die Wand geschraubte Rundhölzer, im Durchmesser Rebstangen entsprechend, Leibungen von Fenstern und Türen sowie eine Deckentäfelung aus Altholz-Brettern (oder dem, was kundige Schreinerhand dazu hat werden lassen), die womöglich an Fassdauben gemahnen sollen, Pyramiden aus gerodeten Altreben-Stämmen, mit Kunststoff-Weinlaub umrankt sowie leere Weinflaschen und Weingläser. Wem auch immer das was geben mag: mir ging da jetzt jedenfalls nicht unmittelbar einer ab; eine stinknormale Saunakabine in nordischer Fichte hätte es mir genauso getan.

Beschallt wurde das ganze (wie übrigens die meisten Schwitzkästen) mit irgendwas elektronisch-meditativem in etwas-zu-laut. Allerdings hier, abweichend vom bisher gewohnten, mit Schluckauf. In den längeren ungeplanten Pausen war erst so richtig zu erspüren, um wieviel absolute Stille den Genuss erhöht hätte. Aber dann setzte die Musik doch wieder ein. Schade eigentlich ...

Wir verlassen die Glühweinkammer. Abkühlungsgerät diesmal: die Regenbrause. In eiskalt. Herrlitsch!

Fehlt noch was? Genau: der Whirlpool. Also hinein mit Kopfsprung. Geistig. In echt dann doch eher gemessenen Schrittes per Einstiegstreppe. Was auch besser ist, denn: vor lauter Geblubber ist schwer zu erkennen, wo die Tiefen beginnen und die Untiefen enden. Und auch sonst machen Blubberblasen das Gewässer eher blickdicht - die Vorteile dieses Sachverhalts dürften dem verständigen Leser mittlerweile geläufig sein.

Sie sehen: es gibt keinen Grund, Frau Laterne den Griff ans Allerheiligste zu verwehren. Und auch selber mal ein wenig genauer nachzuspüren, ob bei ihr ebenfalls noch alles da ist wo es hingehört. Es ist. Und es fühlt sich gut an.

Der Whirlpool sieht das offenbar anders, denn spontan stellt er das Blubbern ein. Da hilft dann nur noch harmlos tun und unschuldig gucken. Der unschuldige Blick trifft prompt ein Paar, das, offenbar aus einer der Backanlagen kommend, dem Eiswasserzuber zustrebt. Ohne zu zögern steigt zuerst sie in das Becken. Hmm - vielleicht doch nicht so kalt?

Als er hinterhersteigt, relativiert sich das Ganze: offenbar ist das Wasser doch recht frisch. Dafür spricht zumindest sein zögerliches Herangehen und die Geste beim Verlassen des Wassers, mit der er die Wassertemperatur in Zentimetern angibt - mit einer Null vor dem Komma, soweit wir das auf die Entfernung erkennen können. Es wird Zeit, das Ganze mal selbst in Augenschein zu nehmen. Also raus aus dem Whirlpool und ran ans Eiswasser. Eine kurze Handprobe ergibt: man könnt's probieren. Zur Vorbereitung wählen wir nochmals das Dampfbad.

Der Chronist, nun bereits ganz Wellnessprofi, spült die Sitzbank kalt über. Frau Laterne setzt sich schwungvoll hin und springt gleich wieder auf. Erkenntnis: heute Abend gibt es Backpflaume. Und vielleicht sollte mann doch etwas länger abspritzen. ^^

Nach einigen Minuten Dampfbad verlassen, ab zum Eiswasser und schwungvoll rein: ein Hauptvergnügen! So herrlich, dass man's gleich zweimal hintereinander macht, und zwar bis zum Hals.

Frau Laterne jetzt allerdings nicht so. Und umarmen lassen will sie sich anschließend auch nicht mehr. Soll einer mal die Frauen verstehen ...

Eine letzte Runde im Solebecken, dann wird es Zeit, die Örtlichkeit zu verlassen. Danke, schön wars. Machen wir jetzt öfter.

Für die Statistik: es waren, da unter der Woche und vormittags, ältere Menschen in der Überzahl. Das traf uns nicht unerwartet - überrascht hat uns aber, dass insgesamt das Verhältnis fast ausgeglichen war, und zwar nicht nur altersmäßig sondern auch zwischen den Geschlechtern. Ansonsten war die Anlage nur gering frequentiert - wir haben um die meisten Aufgusszeiten einen Bogen gemacht und hatten dadurch einige der Saunen über längere Zeiträume komplett für uns. Sehr angenehm, wir werden diese Taktik gerne wieder fahren.

2 Kommentare:

  1. Großartiger post, habe sehr grinsen müssen :-D.

    Wort der Woche: BACKPFLAUME !! ^^
    Bin fast vom Stuhl gefallen...

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