Kurz hinterm Ortsschild steht eine Person mit Wanderrucksack, die blonden Haare zum Zopf gebunden. Sie reckt den Daumen doch mein Vordermann fährt vorbei.
Ich halte an und räume schnell den Beifahrersitz frei. Natürlich fahre ich in die Nachbarstadt, viel mehr Möglichkeiten gibts von hier aus auch nicht. Ich frage den Wanderer, wohin er möchte, er sagt "egal, nur in die Stadt, den Rest laufe ich" - egal haben wir nicht, also frage ich ihn ob er zum Bahnhof will, das wäre kein nennenswerter Umweg. Bahnhof passt und so schweigt er und wir genießen beide, dass allmählich warme Luft aus der Autoheizung strömt. Es ist kalt geworden im Laufe des Morgens, heute Nacht soll es schneien.
Das Schweigen ist unangenehm. Ich frage ihn, wohin die Reise geht.
Er erzählt, dass er in sein Heimatland muss, ins Krankenhaus. Er hat ein Aneurysma im Gehirn. Er wird operiert werden, entweder sofort wenn er ankommt oder in 2 Wochen, das entscheidet das MRT. Wenn erst in zwei Wochen, dann reist er wieder umher, arbeitet mal hier und mal da. Plötzlich wird aus dem Schweigen ein Redeschwall, es tut ihm merklich gut das mal alles von der Seele zu reden. Er erzählt mir, dass die OP ein Risiko von 50% hat. 50% überleben und alles ist gut oder während der OP sterben. Aber sterben muss er ja sowieso. Mit 15 Jahren sei er mal von einem Dach gestürzt, 26m ging es in die Tiefe. Das hat er überlebt und keine gravierenden Schäden behalten.
Am Bahnhof angekommen wünsche ich ihm alles Gute und hoffe, dass die OP gut ausgehen wird.
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