Die Schulen in D sind echt eine Katastrophe.
Sogenannte Inklusionskinder fallen durch jedes Raster, Inklusion gibts bestenfalls auf dem Papier aber wenn ein Lehrer dafür von Schema F weg muss, wirds schon schwierig.
Praxisnaher Unterricht wird bestenfalls in den Haupt- und Realschulen unterrichtet. Und da ist es mir gerade egal ob man die Hauptschule nun euphemistisch Werkrealschule oder RealschulePlus oder sonstwie nennt.
Biste auf dem Gymnasium, haste verloren wenn du was fürs Leben lernen willst. Da lernt du im Grunde nur, für welche Studienfächer du dich mal interessieren willst.
Ich war auf einem Gymnasium was sich ein Gebäude mit einer Hauptschule teilte. Ich bin gern zur Schule gegangen, wirklich. Aber praxisnaher Unterricht? Fehlanzeige.
Eine Schulküche gabs nur nebenan in der Hauptschule. Die Jahrgänge über uns hatten immerhin noch KochAGs in denen sie dann da rüber gegangen sind zum Kochen. In den 9 Jahren in denen ich dort zur Schule ging, gabs nur eine Rechtskunde- und eine TheaterAG.
In den 9 Jahren gabs auch genau einmal Projekttage. Ja, genau. Einmal. Damals durfte jeder 3 Projekte angeben und im besten Fall bekam man seinen Erstwunsch. Bei niemandem hat das geklappt. Ich wollte eigentlich Surfen lernen. Aber ich wurde dem ErsteHilfeKurs zugeteilt. Das war immerhin praktisch, so bekam ich den großen Schein kostenlos und der war gültig bis zu meinem Führerschein. Surfen wäre trotzdem toll gewesen.
Es gab auch ein Schulpraktikum. Jaha, 2 Wochen in der 10. Klasse durften wir in Berufe schnuppern, die uns interessieren. Aber wie man für sich seine eigenen Interessen heraus findet wenn man so gar nichts weiß, das hat uns keiner beigebracht. In der 10. Klasse besuchten wir dann auch mal
das Arbeitsamt die Agentur für Arbeit. Da füllten wir alle Fragebogen aus, ein Computer spuckte aus, welche Berufe für uns in Frage kämen. Nichts davon war irgendwas, was einen von uns interessiert hätte und wir waren wirklich erstaunt, was da teilweise raus kam. Gut wars, weil wir Berufe kennenlernten, die wir noch nicht kannten. Aber gebracht hat es keinem von uns was. Dann kam auch mal ein Mensch von der Bundeswehr vorbei und hat eine Doppelstunde lang erzählt, dass man bei der Bundeswehr auch studieren kann. Ausbildung ging natürlich auch aber der anwesende Lehrer hat interveniert und gesagt, dass er dafür da sei, uns über Studiengänge aufzuklären und mehr gefälligst nicht. Also passierte das. Das war durchaus spannend.
Heute stehe ich da und denke mir "jep, grundsätzlich habe ich die Schule gemocht. Aber ich habe kaum etwas fürs Leben gelernt dort"
ich habe nicht gelernt, nachhaltig zu leben
ich habe nicht gelernt, achtsam mit Rohstoffen umzugehen
ich habe nicht gelernt, Müll zu vermeiden
ich habe nicht gelernt, wie man Kleidungsstücke flickt statt sie neu zu kaufen.
ich habe nicht gelernt, zu kochen.
ich habe nicht gelernt, was wichtig ist für eine gesunde Ernährung.
ich habe nicht gelernt, etwas zu reparieren.
Reparieren lernte ich von meinem Vater, brachte es mir selbst bei und alles Autospezifische was ich nicht konnte, brachte mir der beste Schatz von allen bei. Ich kann Löcher in die Wand bohren und auch schwere Dinge aufhängen, ich kann Lampen anschließen und Möbel aufbauen. Das was jeder können sollte. Ich kann auch einfache Dinge am Auto reparieren - im Grunde alles was plug&play ist und solange die Muttern aufgehen.
Gesunde Ernährung - da ist die Theorie bekannt. Der beste Lehrmeister ist wohl das Leben und das Kleingedruckte auf Verpackungen liest man erst, wenn man irgendwann rausfindet, was man alles nciht verträgt. Ich war nie ein Freund von Fix-Produkten aber spätestens nachdem ich wusste, dass ich keine Laktose vertrage, kam mir sowas nicht mehr ins Haus.
Kochen ist heute leicht, Chefkoch sei Dank. Kochbücher haben eigentlich ausgedient. Aber so Dinge wie "wie backe ich ein Brot, was ist ein Vorteig" und so Kram - hab ich bis heute nicht gelernt. Schade, ich fänd das toll, da nicht mehr auf Bäckereien und Supermärkte angewiesen zu sein.
Müllvermeidung ist nur deshalb ein Thema, weil ich mich irgendwann für Verhütung ohne Hormone interessierte und da dann eines zum anderen kam. Nachhaltigkeit gehört auch dazu. Aber da gibts noch viel zu optimieren - nur wo lernt man das? Und warum lernt das nicht jeder in der Schule?
Kleidungsstücke flicken - naja, ich habe gesehen wie meine Mutter Socken stopfte. Mein Vater reparierte meinen Rucksack und meine Oma brachte mir bei, Knöpfe anzunähen. Sie war gelernte Näherin. Aber in meiner Kindheit hat niemand gesagt "komm, das zeige ich dir jetzt, damit du was kannst und nicht alles neu kaufen musst wenn du groß bist"
Auch in der Schule lernte ich weder Häkeln noch Stricken. Dafür lernte ich Bommeln zu machen und Freundschaftsbänder zu Knoten. Ja genau, als ich in der Schule war, war auch Wolfgang Petry eine große Nummer. (nein, ich war kein Fan)
Eine Nähmaschine kannte ich nur von meiner Oma und die hat immer drauf geflucht. Genäht habe ich vor einigen Jahren mal aber ich habe immer Probleme mit der Fadenspannung. Dauernd reißt der Oberfaden obwohl mit passendem Widerstand ausziehbar und auf der Unterseite kräuselt es sich. Wenn ich was nähen muss, nähe ich es per Hand. Was es für Stiche gibt, habe ich aber nie gelernt.
Computerdinge lernte ich vom Vater einer Freundin, Schnelles Tippen lernte ich in Chatrooms, Foren und bei ICQ. In der Schule hatten wir mal Excel. Aber nichts davon ist hängen geblieben. Das einzige was Hängen geblieben ist, waren die 2 unterschiedlichen Computerräume. Einer voller applecomputer (Die, die damals bunt waren und nur aus Bildschirm und Tastatur bestanden) der andere war voller Windowscomputer. Ein Infolehrer lehrte nur, dass apple viel toller sei, der andere lehrte, wie man die Dinger einschaltet, dass es ein technisches Problem gibt und er mal eben weg geht und kurz vor Ende der Stunde wieder kommt...
Teilweise war ich den Lehrern technisch da längst voraus.
An den Real- und Werkrealschulen gibts heutzutage ein Wahlpflichtfach. Da wird dann für alle die es gewählt haben gelehrt, wie man eine Nähmaschine bedient und sich Kleinigkeiten selbst näht. Es wird auch über Lebensmittel gesprochen und es wird auch gekocht. Die Kinder, die solche Fächer haben, die können in der 7. Klasse teilweise mehr als ich, trotz etlichen Jahren Vorsprung an Lebenserfahrung. Aber das Fach ist nicht Pflicht für alle. Man kann auch Technik wählen, dann lernt man zu sägen, zu löten und so weiter. Das hätte ich ja auch gern in der Schule gehabt...
Warum sollen die Gymnasiasten so lebensfremd sein? Ist das das Ziel? Dass die studieren und dann alles was gemacht werden muss outsourcen an Dienstleister? An die, die damals auf der Haupt- oder Realschule waren und danach ins Handwerk gingen? Egal ob als Koch, als Mechaniker, als Elektriker oder wasauchimmer?
Liebe Lehrplanmachenden, habt ihr das wirklich zu Ende gedacht?
Heute bin ich Mitte 30 und ich fühle mich um Wissen betrogen. Ich hatte eine lustige Schulzeit, aber neben lesen, schreiben, Fremdsprachen und den Grundrechenarten habe ich nichts aus der Schulzeit mitgenommen. Eigentlich hätte mir die Grundschule gereicht und die 9 Jahre danach hätte ich viel sinnvoller in andere Zeit investiert. Selbst Englisch konnte ich in der 9. Klasse besser als meine Lehrerin und das nicht weil ich so eine tolle Schülerin war sondern weil ich mir das selbst beigebracht habe. Mit Büchern und anderem.
Ich bin dafür, dass die Kinder 6 Jahre Grundschule haben. Ab der 3. soll es Fächerspezifischer werden, denn viele Kinder sind in der 3. und 4. bereits unterfordert von den 5 Fächern: Deutsch, Mathe, Sport, Kunst und Sachunterricht. Da kann dann ab der 3. Klasse Informatik dazu kommen und Medienkompetenz.
Aber dann, liebe Leute, dann seht zu dass die Kinder was fürs Leben lernen. Und nicht fürs Zeugnis und die Schule. Bringt ihnen bei, was sie brauchen um zB autark zu leben. Welche Pflanzen pflanze ich wie und wann an, was bedeutet vereinzeln, wann ist eine Frucht erntereif und wie lagere und verabeite ich sie dann, wie flicke ich ein kaputtes Kleidungsstück oder wie handhabe ich ein Schnittmuster und wie habe ich genug Selbstbewusstsein, um mich eines geflickten Kleidungsstückes nicht zu schämen sondern stolz darauf zu sein dass ich nicht zur Wegwerfgesellschaft gehöre? Wie backe ich selber Brot, wie lege ich Vorräte an, was bedeutet es, wenn ich ein Produkt für 3€ aus China liefern lassen wenn das regionale Equivalent das 10fachte kostet?
All das sollte in Schulen gelehrt werden. Und noch viel mehr. Und durch Vorleben sollte auch gelehrt werden zu helfen, zu geben wenn man zu viel hat. Wo man selbst Hilfe findet, wenn es einem nicht gut geht. All diese Dinge, die die Welt zu einer besseren machen weil wir alle ein bisschen mehr Rücksicht aufeinander nehmen.