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Mittwoch, 29. Oktober 2014

Am Bäckerauto

Hupend hält der silberne Bulli an. Darin sitzen Heinz und Egon, beide vermutlich schon im Rentenalter.

Die Nachbarin kommt mit einem Korb angelaufen "Heute brauche ich aber kein Brot. Nur Brötchen"

Egon lehnt sich aus dem Fahrerfenster "Wat wolln Se?"
"Nur Brötchen"
"Heinz, steig aus, brauchst nur hinten aufmachen."
"Watt soll ich?"
"Nur hinten aufmachen"
Heinz schmeißt die Schiebetür wieder zu und öffnet die Heckklappe.
"Was darfs denn sein?"
"Ja, hm, sind die Berliner gefüllt oder ungefüllt?"
"Egon? Haste da was reingemacht?"
"Wo rein?"
"Na in die Berliner" zur Nachbarin gewandt "Hier oben ham wa die noch flacher und mit Apfelfüllung"
"In den Berlinern ist Vierfruchtmarmelade" ruft es vom Fahrersitz, Egon lehnt inzwischen sehr weit aus dem Fenster.
"Ja, davon einen bitte und dann hätte ich gerne noch eine Puddingschnecke. Hat sich das Rezept eigentlich geändert oder sind die noch so gut wie vor zwanzig Jahren" 
"Egon, haste was am Rezept geändert?"
Egon ist inzwischen ausgestiegen. "Nä! Da hat sich nichts geändert seit viel mehr als zwanzig Jahren. Was gut ist, soll gut bleiben."
"Da wird sich mein Besuch freuen! Wissen Sie, mein Enkel ist zu Besuch."
"Wir ham auch Donuts" wirft Egon ein. Inzwischen ist er ausgestiegen.
"Wir ham keine Donuts!"
"Sicher ham wa die!"
"Wo denn Egon?"
"Na da in der Mitte, du musst auch mal hingucken Heinz!" Egon zieht oben links ein Blech aus dem Regal. Heinz schaut ihn schmunzelnd von der Seite an und schiebt das mittlere Blech wieder rein.
"Dann nehm ich noch einen Donut und ach, wo ich das gerade sehe eine Mohnschnecke dazu. Ach, jetzt hätte ich fast die Brötchen vergessen, noch zwei Körnerbrötchen"

Heinz stapelt Puddinschnecke, Mohnschnecke und Donut zu einem wackeligen Turm auf ein Papptellerchen und stellt es in den Korb der Nachbarin. In eine Papiertüte tut er den Berliner und die Körnerbrötchen. "Das macht sechs Euro."
"Ja, hier, bitte. Am Freitag nehme ich dann wieder ein Brot. Jetzt habe ich noch was, sonst muss ich erst wieder ein halbes einfrieren, wissen Sie?" Heinz überhört es und wendet sich mir zu.

Ich kaufe mein Käsebrötchen und eine Puddingschnecke. Das schönste und beste Käsebrötchen meines Lebens und die allerleckerste Puddingschnecke. Das ist noch echtes Handwerk, mit Liebe gebacken, das sieht man, das schmeckt man und das merkt man daran, dass diese Männer auch im Rentenalter noch frühmorgens selbst täglich in der Backstube stehen und nachmittags mit ihrem Bulli die Dörfer abklappern, die keinen Bäcker haben. Neben den zwei Filialen, die sie haben.

2 Kommentare:

  1. Klasse erzählt, chapeau. Diese kleinen Alltagskurzgeschichten im -wie ich es immer nannte- Nessy-Stil liebe ich einfach ♥.

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  2. Nicht nur die Namen waren super. Diese Männer sind Originale. Und sie tun das was sie tun aus Leidenschaft. Das spürt man und das schmeckt man.

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