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Sonntag, 30. November 2014

Die Reserveleuchte vom Akku brennt

Es war im Frühjahr 2013 als ich bei der Arbeit zusammengebrochen bin.

Ich hatte mich völlig überarbeitet, hatte damals schwere körperliche Arbeit, eigentlich Männerarbeit und meine Kollegin war mehrwöchig krank. Statt schnellstmöglich eine Aushilfe zu organisieren, setzte meine damalige Chefin alles auf mich. Ich habe sieben Wochen lang durchgearbeitet. Mein Arbeitstag begann um 7:15 und endete um 16:15. Mit etwas Glück waren zwischendurch zwanzig Minuten Zeit, eine Kleinigkeit zu essen. Oft musste das mitgebrachte Brot aber im Laufen gegessen werden. Es war wirklich harte Arbeit. Ich fiel früh ins Bett, der eigene Haushalt blieb liegen und jede Woche erzählte die Chefin "Nächste Woche kommt jemand, der dir hilft" Wir wussten beide, dass das nicht stimmte aber ich kannte ihre explosive Art, habe nicht drauf geantwortet und habe mich tapfer durchgebissen.
Nach vier oder fünf Wochen ging es los, dass ich einen leichten Schwindel hatte. Er beeinträchtigte mich nicht, nervte allenfalls.
Irgendwann kam ein leichtes, permanentes Rauschen in den Ohren dazu. Kreislaufprobleme. Keine Frage. Ich steckte mir Traubenzucker ein. Trank mehr Cola. Und arbeitete weiter.
Die Probleme wurden immer stärker aber ich ignorierte sie tapfer, hatten die Pferde doch keinen, der sie hätte versorgen können.

Eines Morgens, ich hatte gerade alle Pferde ausgestallt, ging nichts mehr. Schon seit Tagen sprachen mich die Leute drauf an, kürzer zu treten, meine Gesichtsfarbe war schon seit längerem mehr grau als gesund, der Schwindel war selbst nachts im Bett spürbar. Und an diesem Tag saß ich im Stall. Saß da und sah nur noch Sternchen im Tunnelblick. Hörte nichts mehr außer Rauschen. Ich wurde angesprochen, hörte alles aus unendlicher Ferne und brach in Tränen aus weil ich nicht mehr konnte. Da musste auch ich einsehen, dass ich eine Pause brauchte, dass es nicht mehr ging. Ich konnte die Leute mit kaum hörbarer Stimme überreden, mir keinen Krankenwagen zu rufen, nippte an einer Cola, die mir gebracht wurde. Entsperrte mit zitternden Fingern mein Smartphone und schaffte im vierten Anlauf, meine Chefin anzurufen. Sie fragte, ob ich später wieder kommen könnte, wenigstens zum Einstallen und fürs Kraftfutter. Und morgen früh. Ich müsse auch nichts misten. Mir standen die Tränen in den Augen als ich sagte, ich würde erstmal zum Arzt gehen und machen, was er für richtig hält.
Ich setzte mich ins Auto, wartete darauf, dass es so gut wurde, dass ich fahren konnte. Ich hätte nicht fahren dürfen. Aber ich fuhr. Ich musste ja das Auto heim bringen. Laufen ging noch schlechter als Auto fahren. Ich musste mich bei jedem Schritt festhalten. Wie eine alte Frau.

Das Ende vom Lied war, dass ich überarbeitet war. Dass mein Wochenpensum von 54 Stunden ohne einen einzigen freien Tag einfach zuviel war. Ich brauchte zwei Wochen in denen ich fast nur geschlafen habe. Die Energiereserven aufgefüllt habe, von Akku leer auf viertel voll. Und ganz viele Termine und Verpflichtungen, die ich noch gehabt hätte, abgesagt habe.

Seit gestern ist mir schwindelig. Ich dachte erst an meinen derbe verspannten Nacken, aber als heute noch das bekannte Rauschen in den Ohren dazu kam, war klar: Langsam Frau Zwiespalt, langsam. Das kennst du schon, das solltest du nicht ignorieren.

Ich ziehe also die Notbremse, schreibe keine Weihnachtskarten, sehe geflissentlich über den ein oder anderen Termin hinweg, lege stattdessen die Füße hoch und versuche mal, wirklich GAR NICHTS zu tun zwischendurch. Also auch nicht nebenbei twittern oder zu surfen sondern wirklich mal bewusst abschalten. Das ist es nämlich, was ich seit Wochen nicht mehr tue. Ich versuche immer, so viel wie möglich gleichzeitig zu machen, merke schon länger, dass ich das kaum noch schaffe, will es mir aber beweisen.
Jetzt werde ich mir beweisen müssen, dass ich auch langsamer kann.

2 Kommentare:

  1. Ich wünsche Dir eine gute Erholung.
    Die Adventszeit ist in der Tradition die Zeit inne zu halten, zur Besinnung zu kommen.
    Das was wir heute daraus gemacht haben ist das genaue Gegenteil.

    Schärfe das Bewusstsein für Dich, besinne Dich und erhole Dich.

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  2. Erhole Dich!
    Einmal soetwas reicht, daher rechtzeitig bremsen. Lass Dich einfach auch mal verwöhnen!

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